Die Ordnung der "Handflügler"

Die zoologische Ordnung der "Handflügler" oder Chiroptera ist die einzige Säugetierordnung, welche die Fähigkeit zum aktiven Flug entwickelt hat. Die Ordnung umfasst die Unterordnung der Megachiroptera, welche als Flughunde oder "Flying Foxes" häufig in Zoos zu sehen sind, so wie die Fledermäuse der Unterordnung Microchiroptera. Während Flughunde an ihren großen Nachttieraugen zu erkennen sind, in der Regel Früchte fressen und sich nur in Ausnahmefällen mit Ultraschall orientieren, gibt es bei den Fledermäusen zahlreiche Formen der Nahrung wie Insekten, Nektar, Pollen, Fleisch, Blut und mehr.

Momentan befindet sich die systematische Ordnung im Umbruch, da auf Grund neuer, zur Verfügung stehender Methodiken auf dem Gebiet der DNA- Analyse das Verwandtschaftssystem neu geordnet werden muss. Insbesondere die Überfamilie der Hufeisennasenartigen (Rhinolophoidae) scheinen dabei den Megachiroptera näher zu stehen als anderen Vertretern der Microchiroptera.

Fledermäuse orientieren sich über ein hervorragend entwickeltes Echolot - System und sind schon an den kleinen Knopfaugen von den Flughunden zu unterscheiden. Sie haben sich weltweit bis auf die Polregionen alle Ökozonen als Lebensräume erschlossen, was die große Vielzahl ihrer unterschiedlichsten im Laufe der Evolution entwickelten Anpassungsmechanismen erklärt. Ein sehr spannendes Phänomen ist auch die Coevolution zwischen Fledermäusen und ihren Beutetieren; eine "Rüstungsspirale" die zu sehr spezialisierten Anpassungen auf beiden Seiten geführt hat. 


Fledermäuse der Tropen

Die meisten Fledermaus - Arten leben in den Tropen, wo den Jägern mit den Lederschwingen eine nahezu unbegrenzte Menge an Nahrung zur Verfügung steht. Besonders im tropischen Regenwald gibt es eine unglaubliche Vielfalt an Arten und Formen, darunter seltsame Anpassungen. Leider schwindet dieser Lebensraum so schnell, dass viele Fledermaus - Arten vor ihrer Entdeckung aussterben. Die tropischen Arten haben oft eine große Bedeutung für das Ökosystem, viele tropische Pflanzen sind auf die Bestäubung durch Nektar - oder Pollenfressende Fledermäuse angewiesen. Die Flughunde der Tropen haben auch für den Transport von Samen tropischer Bäume eine wichtige Funktion; somit sind sie wichtige Helfer bei der Restauration zerstörter Regenwaldflächen. In den Tropen leben auch die seltsamsten Formen - so gibt es auf Madagaskar eine Gattung deren zwei Vertreter Saugnäpfe an den Schwingen (an Stelle der Daumenkralle) und den Füssen haben. Diese dienen der Haftung an glatten Blattoberflächen.


Unsere heimischen Fledermäuse

Unsere heimischen Fledermaus-Arten haben sich auf eine Nahrung spezialisiert, die für sie in großen Mengen verfügbar ist - Insekten. Dabei vertilgen sie, je nach Jahreszeit bis zur Hälfte ihres eigenen Körpergewichtes. Das Spektrum reicht vom vergleichsweise riesigen Maikäfer bis zur winzigen Kribelmücke. Erstaunlich ist, dass zum Beutespektrum einiger Arten auch flugunfähige Insekten gehören - darunter Wanzen, Spinnen, Weberknechte, Ohrwürmer und Laufkäfer. Diese werden teils im Rüttelflug von Blattoberflächen abgelesen oder auch vom direkt vom Boden aufgenommen. Dabei ist besonders das Große Mausohr (Myotis myotis) dafür bekannt, dass es "zu Fuß" auf die Jagd geht und häufig auch flugunfähige Laufkäfer erbeutet.


Heimische Fledermäuse im Jahresverlauf

Nachdem die Fledermäuse im Frühling aus dem Winterschlaf erwachen, besteht ihre Hauptbeschäftigung zunächst aus der Jagd nach Insekten. In Schlechtwetterperioden, in denen keine Insekten unterwegs sind, fallen die Fledermäuse noch in einen energiesparenden winterschlafähnlichen Zustand, der so genannten Tagschlaflethargie (siehe oben). Eine nahrungsarme Zeit kann so ohne große Energieverluste überbrückt werden. Die erste Zeit nach dem Winterschlaf verbringen die Tiere in verschiedenen Zwischenquartieren. Ihre Sommerquartiere beziehen sie zwischen März und Mai. Die Weibchen bilden dann die Wochenstubengemeinschaften, in denen sie ihre Jungen zur Welt bringen. Wochenstubenquartiere können Dachböden, Dachstühle von Kirchendächern, Baumhöhlen oder sogar Hohlräume hinter abgeplatzter Borke von Bäumen sein. Die Jungtiere werden nackt und blind geboren. Die Füße und die Daumenkrallen sind aber schon recht weit entwickelt. So sind die kleinen Fledermäuse in der Lage, sich am Muttertier oder am Quartierdach festzuhalten. Die Weibchen der meisten Fledermausarten gebären pro Saison ein Jungtier. Bei einigen Arten sind auch Zwillingsgeburten normal. Anfangs fliegen die Weibchen noch allein auf die Jagd. Nach der Rückkehr von einem Jagdflug suchen die Weibchen ihr Junges auf, das durch den spezifischen Geruch sowie durch die ausgestoßenen Laute erkannt wird. Bei Störungen oder bei Quartierwechseln nehmen die Mütter ihre Jungtiere im Flug mit. Nach 4-6 Wochen sind die Jungtiere in der Lage, erste Flugübungen durchzuführen. Anfangs müssen die Jungen noch mit Hilfe der Mütter den effektiven Jagdflug erlernen. Nach der vollständigen Entwöhnung der Jungtiere löst sich die Wochenstubengesellschaft auf. Die Männchen verbringen den Sommer je nach Art einzeln oder in Gruppen in ihren Sommerquartieren.

Im Herbst müssen sich die Fledermäuse in kurzer Zeit ein beachtliches Fettpolster anfressen. Außerdem ist der Herbst die Paarungszeit. Die Männchen beziehen jetzt die Paarungsquartiere. Das sind Quartiere in Baumhöhlen, Fledermauskästen oder in Hohlräumen von Bauwerken, häufig am Rande von den sich auflösenden Wochenstuben. Paarbindung existiert bei den Fledermäusen nicht. Die Befruchtung findet übrigens nicht sofort bei der Paarung statt. Die Spermien werden im Uterus des Weibchens gespeichert bis der Winter überstanden ist. Erst im Frühling beginnt die Embryonalentwicklung.

Außer der Paarung findet bei einigen Fledermausarten das so genannte Schwärmen vor den Winterquartieren statt. Hierbei umfliegen die Tiere zu mehreren, teilweise zu sogar zu Hunderten potentielle Winterquartiere. Man vermutet, dass dieses Schwärmverhalten der Informationsweitergabe dient. Unerfahrenen Fledermäusen werden so womöglich Winterquartiere gezeigt.

Im September - Oktober suchen bereits die ersten Fledermäuse ihre Winterquartiere auf. Nicht jedes Quartier ist als Winterquartier geeignet. Zum einen muss ein Winterquartier zugluft- und frostfrei sein. Außerdem darf die Temperatur nicht zu hoch sein. Ist die Temperatur zu hoch, verbraucht die Fledermaus zu viel Energie, da ihr Energieverbrauch mit der Körpertemperatur ansteigt. Als Winterquartiere werden alte Brunnenschächte und Zisternen, Gewölbekeller, Hohlräume in Autobahnbrücken, dickwandige Baumhöhlen, Höhlen und Stollen genutzt. Gelegentlich wachen die Winterschläfer auf. Das passiert besonders dann, wenn die Temperaturen zu hoch oder zu niedrig sind und ein Wechsel des Hangplatzes ansteht.